„Was willst Du denn damit mal machen?“ werden viele angehende Geisteswissenschaftler gefragt. Wenn die Antwort lautet „Forensischer Historiker“ ist, führt das zu vielen Fragen, die jedoch einfach zu beantworten sind.
Zunächst einmal empfiehlt es sich, im Geschichtsstudium wirkliches Handwerk zu erlernen. Das Durchsuchen und Auswerten von Archiven, die Einordnung der Funde in einen Kontext und das kritische Hinterfragen der Funde auch ihrem Entstehungszusammenhang heraus und auch ex post. Dazu ist es hilfreich, die Ausbildung auch um juristische Kenntnisse anzureichern. Dies bringt unter anderem zwei wichtige Vorteile: Einerseits wird so die rechtliche Einordnung des Gefundenen erleichtert. Wer Dinge aus Kenntnisstand des heutigen Rechts einordnen will, stößt oft an die Grenzen einer Rechtsordnung anderer Zeiten. Andererseits ist juristisches Denken dem Recht und einer Rechtsordnung verpflichtet. So kann ein sachlicher Rahmen zur Darstellung und Einordnung von Verbrechen geschaffen werden. Dem Nutznießer einer geschichtswissenschaftlichen Ausbildung ist dann auch die moralische und mitfühlende Einordnung möglich. Aber zur Beurteilung, ob ein Unrecht begangen wurde und wer beispielsweise Urheber, wer Täter, wer Beihelfer war, sind die Instrumente der Rechtswissenschaftler eher geeignet.
In nahezu allen Fällen der Provenienzforschung sind die Erforschung der seinerzeitigen Hergänge und die juristische Einordnung geboten, oft ergänzt um rechtlich-kaufmännisch-menschlich gangbare Lösungswege.
Wo ist der Unterschied zwischen Provenienzforschern, Historikern und Forensischen Historikern?
Provenienzforscher sind zumeist Kunsthistoriker und Historiker, seltener Juristen. Der Forensische Historiker bearbeitet nicht nur die Provenienz, sondern auch die rechtlichen Umstände von Verkäufen und Enteignungen eines Gegenstandes. Zudem befassen sich die meisten Provenienzforscher vorwiegend mit Kunstwerken. Julien Reitzenstein befasst sich zudem mit der Geschichte von Immobilien und Kraftfahrzeugen. Bei Immobilien ist oft die Bewertung, sowie die kaufmännische Begutachtung von Mieterlösen seit Enteignung einerseits und Aufwendungen andererseits, ein Gegenstand der Betrachtung. Ähnlich ist es bei heute teilweise siebenstellig gehandelten Oldtimern. Bewertung einerseits und die zwischenzeitlichen Restaurationskosten andererseits geben Hilfestellung bei der Bezifferung von Ansprüchen.
Kurzum: Die Kombination aus Geschichtswissenschaften, Forensik/Kriminologie, Rechtswissenschaften und kaufmännischer Expertise gehören gleichermaßen zu diesem Arbeitsfeld.
Mittel zum Ziel sind forensische und geschichtswissenschaftliche Untersuchungen des Sachverhaltes und sachliche Ergebnispräsentation.
Mögliche Auftraggeber sind Behörden, Unternehmen und Privatpersonen.